
Qualitätsmanagementsysteme – ohne geht es heute nicht mehr. Digitalisierung, starker Franken, Wettbewerbsdruck sind nur ein paar Gründe dafür, dass sich Unternehmen konsequent mit sich verändernden Prozessen auseinandersetzen müssen. Aber was ist eigentlich „Qualität“? Und wie kann die Wirksamkeit des von den meisten eingesetzten ISO 9001 QMS überhaupt gemessen werden? Diesen Fragen geht der Qualitätsverantwortliche von Glaux Soft, Pascal Bürgy, in diesem zweiteiligen Beitrag auf den Grund.
„Die einzige Konstante ist die Veränderung“ titelte Die Welt schon Anfang 2007 [1]. Diese Aussage bezog sie auf die sich verändernde Arbeits- und Ausbildungsumgebung in einer stets wettbewerbsorientierteren und zunehmend digitalisierten Arbeitswelt. Zehn Jahre später geniesst diese plakative Aussage mehr denn je Gültigkeit. Dies gilt für die individuelle Arbeitswelt eines einzelnen Mitarbeiters genauso wie, übergeordnet betrachtet, auch für die Prozessmodelle und Vorgehensweisen von Unternehmungen.
Unternehmen müssen sich stetig an den sich wandelnden Bedürfnissen und Anforderungen des Marktes ausrichten. Dabei darf weder Effizienz noch die Effektivität der Unternehmensorganisation gefährdet werden. Um dieser anspruchsvollen Aufgabe gerecht zu werden, ist heute der Einsatz dokumentierter Qualitätsmanagementsysteme unerlässlich. Dabei hat sich die Orientierung am ISO Standard 9001, nach welchem auch Glaux Soft zertifiziert ist, nicht nur in der IT durchgesetzt [2].

In Anlehnung an diesen Standard lässt sich Qualität als die Schnittmenge zwischen den Fähigkeiten und Möglichkeiten einer Unternehmung mit den Marktanforderungen (Abb.1) definieren, womit die konsequente Ausrichtung nach den Kundenbedürfnissen festgelegt wird [3].

Zudem erfordert das generische ISO 9001 Prozessmodell eine koordinierte Vorgehensweise zur kontinuierlichen Verbesserung des dokumentierten Qualitätsmanagementsystems. Dieses orientiert sich stark am bekannten Demingkreis nach W. Edwards Deming [4], auch bekannt als PDCA-Zyklus. Dieser definiert die kontinuierliche Verbesserung als ein iteratives Zusammenspiel aus einer Planungs-, Durchführungs-, Überprüfungs- und Verbesserungsphase.
Die Herausforderung
Insbesondere das Überprüfen der Wirksamkeit von Veränderungen und damit einhergehend das Messen und Beurteilen der IST-Situation ist eine grosse Herausforderung. Geschäftsprozesse stellen in der Regel relativ abstrakte, wenig greifbare Konstrukte dar. Dafür müssen konkrete Messgrössen festgelegt werden, die mittels belastbaren Messtechniken verlässliche und wiederkehrende Messresultate liefern. Darauf aufbauend bedarf es eines allgemeingültigen Verständnisses darüber, wann und in welcher Form ein entsprechendes Messresultat als gut oder schlecht zu betrachten ist.
Zu beiden Aspekten der (Prozess-)Messung bietet der ISO 9001 Standard, seinem Charakter als normatives Rahmenwerk entsprechend und anders als konkrete Prozessrahmenwerke wie COBIT 5 oder ITIL V3, keine detaillierte Ausführungsunterstützung. Auch ein Rückschluss auf bereits bestehende Qualitätsmanagementsysteme zur Adressierung dieser Herausforderungen im Sinne einer Best Practice ist nur begrenzt möglich. Der Grund dafür ist, dass die konkrete Ausgestaltung von ISO 9001 Prozessmodellen enorm branchen- und firmenspezifisch ist. Denn im Gegensatz zu den beiden genannten, konkreten Prozessframeworks, gibt ISO 9001 keine exakte Prozesslandschaft vor. Diese Individualität ist es auch, die ein firmen- oder branchenübergreifendes Benchmarking von Qualitätsmanagementsystemen verhindert.
Es muss also ein Ansatz zur Prozessmessung gefunden werden, mit dem sich die Individualität eines ISO 9001 Prozessmodells mit der Strukturiertheit eines konkreten Prozessframeworks kombinieren lässt. Ziel ist, das Beste aus beiden Welten zu verbinden und damit eine belastbare und vergleichbare Prozessmessmethodik für ein ISO 9001 Qualitätsmanagementsystem zu erhalten.
Inwiefern dies möglich ist, welche Schritte dazu notwendig sind und wie ein solches Prozessmessinstrument aussehen kann, erfahren Sie im 2. Teil des Glaux Soft Know-how Artikels „die Krux mit der Prozessmessung“.
Pascal Bürgy ist Head of Quality Management bei der Glaux Soft AG. Im Rahmen seiner Masterarbeit befasste er sich mit der Messung von Prozessreifegraden in Qualitätsmanagementsystemen unter der standardisierten Messmethodik des Referenzmodells COBIT 5. In seiner Haupttätigkeit bei Glaux Soft koordiniert Pascal Bürgy als Senior Consultant / Project Manager komplexe Softwareentwicklungsprojekte.
Quellenangaben:
[1] Die einzige Konstante ist die Veränderung
[2] Schroll, Johann (2006): Qualitätsmanagement im IT-Bereich, ISO 9001 und ITIL® im Vergleich, GRIN Verlag GmbH, München.
[3] Schmitt, Robert (2015): Unternehmerisches Qualitätsmanagement Aachener Modell
[4] Deming, Walter E. (1982): Out of the Crisis, Massachusetts Institute of Technology (MIT), Cambridge (USA).
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