Im dritten und letzten Teil der Studie von Andreas Ressnig erfahren Sie, worauf Sie in selbstorganisierten Teams achten sollten und wie die Führungsrolle besetzt werden kann. Ein kurzer Vergleich mit der RW3-Studie «Trends in Global Virtual Teams» fasst einige wichtige Punkte zusammen. Das Fazit der Studie schliesslich gibt Antwort auf die Frage: SCRUM in verteilten Teams – ein Widerspruch?

Eigendynamik in selbstorganisierten Teams
Entgegen der Schweizerischen Kultur können Mitglieder in Nearshoring-Teams noch von einem stark hierarchischen Denken geprägt sein. Übernimmt in einem selbstorganisierten SCRUM-Entwicklungsteam ein Mitglied eine Führungsrolle, kann das bewirken, dass die Resultate nicht mit der vorgegebenen Software-Architektur übereinstimmen. Selbstverantwortung ist zwar eine willkommene Eigenschaft, funktioniert aber in verteilten Teams und mit SCRUM nur so weit, als sich das Entwicklungsteam an die Richtlinien und Standards der Organisation hält. Hier sind gezielte Vorgaben zwingend.
Massnahmen: Feste Vorgaben, was die Architektur der zu erstellenden Lösung betrifft, Vereinbarung der Ansprechzeiten der verschiedenen Teammitglieder, Verhaltensregeln bei Terminen
Führung – eine neue Rolle für den SCRUM-Master
Im verteilten Team spielt der SCRUM-Master eine Schlüsselrolle. Er kann durch seinen Einfluss sehr viel bewirken. Er muss ständig dafür besorgt sein, dass sich das Team verbessert. In einem Praxisbeispiel wurde die Rolle des SCRUM-Masters mit der Rolle des Nearshore-Managers vereint. Damit erhielt die Person mehr Kompetenzen und war auch bei Personalentscheiden involviert. Hart nach SCRUM ist der SCRUM-Master nicht der Teamleader, im verteilten Kontext kann dies aber durchaus Sinn machen.
Massnahmen: Rollen bestimmen und mit entsprechenden Kompetenzen ausstatten
Vergleich mit der RW3-Studie «Trends in Global Virtual Teams»
Was den Vergleich mit der RW3-Studie betrifft, können wir viele der bekannten Herausforderungen im Kontext von verteilten Teams bestätigen. Den Hauptempfehlungen aus der RW3-Umfrage können wir beistimmen. Zusammengefasst sind dies:
- Strukturen und Regeln für die Zusammenarbeit der Teams festlegen
- Kein Meeting ohne vorherige Agenda
- Nach jedem Meeting eine schriftliche Zusammenfassung abgeben
- Faire Zeit-Zonen-Rotationen etablieren
- Vertrauen aufbauen, indem jedes Mitglied zu seinen Verpflichtungen steht
- Zeit geben, um persönliche Beziehungen aufzubauen
- Jeder soll sich beteiligen können, zurückhaltende Teammitglieder auch in Vor-Meetings oder Offline
- Sprachschwierigkeiten ausräumen, Fragekultur fördern
- Schwierige Situationen und negatives Feedback immer offline und vertraulich ansprechen

SCRUM in verteilten Teams – Fazit:
Auf den ersten Blick stehen Konstellationen verteilter Teams im Widerspruch zu SCRUM. Es ist offensichtlich, dass ein eingespieltes Team, das zusammen in einem Raum, an einem Standort sitzt, wesentlich produktiver ist, als bei anderen Arten der Zusammenarbeit.
Dennoch steht SCRUM meiner Meinung nach nicht im Widerspruch zu verteilten Teams. Im Gegenteil: SCRUM kann helfen, die Schwierigkeiten bei virtuellen Teams zu verkleinern. Oft wird SCRUM als Softwareentwicklungsmethode angesehen. Diese Sichtweise ist nicht korrekt. SCRUM zeigt nicht, wie Software zu entwickeln ist, es zeigt nur, wie sich ein Team organisieren soll. SCRUM ist also im eigentlichen Sinn ein Managementframework, welches teamzentriert das Ziel verfolgt, kundenorientiert und iterativ Produkte zu erstellen.
Aus dieser Perspektive kann SCRUM auch als Kommunikations-Framework betrachtet werden – SCRUM definiert klare Rollen, die Kommunikationsformen und den Ablauf der Kommunikation. Für mich ist der Einsatz von SCRUM sogar als zwingende Voraussetzung anzusehen, damit verteilte Teams erfolgreich zusammenarbeiten können. Durch die Daily-SCRUM-Meetings und die weiteren regelmässigen Planungs-, Schätzungs- und Review-Meetings wächst ein Team über die Zeit zusammen – vorausgesetzt, auch der persönliche Kontakt wird regelmässig gepflegt.
Quelle: RW3 Culture Wizards (2016). Trends in Global Virtual Teams. Virtual Team Survey Report 2016
Hier finden Sie die ersten beiden Teile aus der Reihe Glaux Soft Know-how:
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